Interview mit Christine Buchholz

DIE LINKE gegen Leopard-2 für die Ukraine

Christine Buchholz

Der Parteivorstand der Linken hat sich im Januar gegen die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine ausgesprochen. Aber er konnte sich nicht dazu durchringen, zur Berliner Demonstration gegen den Ukraine-Krieg und für Frieden aufzurufen. Wir veröffentlichen im Folgenden einen Auszug aus einem Interview mit Christine Buchholz, das sie Marx21 gegeben hat. Christine ist Mitglied im Parteivorstand der Partei Die Linke.

Am Wochenende hat die LINKE ihren Jahresauftakt gefeiert und der Parteivorstand hat zusammen mit weiteren Gremien getagt. Wie reagiert die Partei auf die anhaltende Diskussion über Waffenlieferungen an die Ukraine?

Wir haben am Wochenende einen Dringlichkeitsantrag beschlossen, den ich mit anderen Genoss:innen eingebracht hatte. Wir fordern, dass Deutschland weder Leopard-2-Panzer noch weitere schwere Waffen an die Ukraine liefert. Es ist wichtig, dass DIE LINKE endlich als Anti-Kriegs-Partei in Erscheinung tritt. Gerade angesichts der angekündigten Lieferung des Schützenpanzers Marder und der immer lauter werdenden Forderungen nach der Lieferung von Leopard-2-Panzern muss die Partei jetzt wahrnehmbar werden.

Was sind für Dich die entscheidenden Argumente gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine?

Diese Waffenlieferungen führen nur zu einer weiteren Eskalation des Krieges. Je tiefer sich Deutschland und die Nato-Staaten in den Krieg hineinbegeben, desto größer wird die Gefahr einer Eskalation mit nicht abschätzbaren Folgen.
Die Ukraine führt einen Stellvertreterkrieg

Kritiker:innen würden Dir wahrscheinlich vorwerfen, die Ukraine damit im Stich zu lassen. Was würdest Du darauf antworten?

Es geht der Nato und der EU doch nicht um die Menschen in der Ukraine. Diese Menschen, die unter den russischen Bomben leiden, die fliehen, zahlen genauso wie die Hunderttausend Soldaten, die laut US Angaben auf beiden Seiten gestorben sind, den Preis für diesen brutalen Krieg. Der Krieg begann mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Der Krieg der russischen Führung ist seitdem barbarisch. Aber spätestens seit März/April 2022 ist doch für alle sichtbar, dass der Krieg auch ein Stellvertreterkrieg geworden ist, in dem es dem Westen nicht um ein schnelles Ende des Krieges, Deeskalation und Verhandlungen für Frieden geht, sondern um den Sieg. Es gibt keine militärische Lösung. Die abermalige Verstärkung der internationalen Waffenlieferungen zielt aber auf eine militärische Lösung. Das werden weitere Zehntausende junge Russen und Ukrainer mit ihrem Leben bezahlen und die Gefahr einer nuklearen Eskalation ist real.

Was ist Dein Vorschlag, wie die LINKE mit einer Position gegen Waffenlieferungen wahrnehmbar wird?

Wir haben beschlossen, dass Unterschriftenlisten gegen die Lieferung der Leopard-2-Panzer sowie Plakatvorlagen zur Verfügung gestellt werden, damit die Kreisverbände der LINKEN aktionsfähig werden. Ich finde es wichtig, rund um den Jahrestag des Überfalls am 24. Februar bei Aktionen oder mit Infoständen sichtbar zu sein. (Lies hier das marx21-Interview: »Für eine offensivere Haltung gegen Krieg«.)

DIE LINKE ist bekanntermaßen uneins über den Umgang dem Krieg in der Ukraine. Gab es über den Antrag gegen Waffenlieferungen denn Einvernehmen?

Letztlich haben wir gemeinsam diese Initiative beschlossen. Doch während von Seiten, vor allem von ostdeutschen Parteivorstandsmitgliedern, eine sehr positive Rückmeldung kam, gab es auch einen Änderungsantrag, der für mich eine Schwächung der Zielrichtung des Antrages darstellte, in die öffentliche Debatte zu gehen und die Vorstöße von CDU, SPD und Grünen, die am stärksten für die Lieferung der Leopard-2-Panzer trommeln, zurückzuweisen. Eine Mehrheit der Bevölkerung lehnt diese Waffenlieferungen ab. Ich denke, das ist eine Chance für die LINKE, diese Stimmen hörbar zu machen und die Kritik an der Kriegspolitik nicht der AfD zu überlassen.

Was ist das Problem an dem Änderungsantrag?

Die Änderungen haben ein bisschen von der Schärfe des Antrages genommen. Das Problem ist, dass die Änderungen den Schwerpunkt und die Logik des Antrags verschieben wollten. Wenn man das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine betont – dass unzweifelhaft besteht – aber gleichzeitig nicht erwähnt, dass es sich bei dem Krieg längst um einen Stellvertreterkrieg handelt, halte ich das für einen Fehler. Zudem gerät in den Hintergrund, dass es seit Dezember grünes Licht der US-Regierung für ein offensives Vorgehen der Ukraine gegen Russland gibt. Außerdem sind Appelle an die EU hilflos, vor allem, wenn man kein Wort dazu verliert, dass die EU kein neutraler Akteur ist, sondern unter anderem die Führungsmächte Frankreich und Deutschland zusammen mit Großbritannien und USA die Lieferung schwerer Waffen vorantreiben.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Antrag bietet trotzdem eine gute Grundlage jetzt in die Offensive zu gehen. DIE LINKE muss aufhören sich bei der Kriegsfrage so defensiv zu verhalten. Es ist jetzt entscheidend einen Fokus auf die Kritik der Waffenlieferungen zu setzen. Genau das ist der Punkt, wo es zumindest zum Teil Differenzen in den Regierungsparteien und auch in Umfragen eine Kritik am Agieren der Bundesregierung gibt. Genau dort muss die LINKE meiner Ansicht nach einhaken. Wir müssen den Protest auf die Straße tragen und sichtbar werden!