Berlin 2030 klimaneutral!

Philip Broistedt

In Berlin werden wieder Unterschriften gesammelt. Unter anderem für das „Volksbegehren über ein klimaneutrales Berlin ab 2030“. Ziel des genannten Begehrens ist es, die Ambitionslücke zwischen dem bisherigen Anspruch und dem Pariser 1,5 Grad Ziel zur Reduzierung von Treibhausgasen zu schließen.

Der bisherige Anspruch der Stadt Berlin ist tatsächlich mau: Das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz nennt als Ziel, die (berliner) CO2 Emissionen bis 2045 um 95% (gegenüber 1990) zu reduzieren. Das Volksbegehren will das Gesetz dahingehend ändern, dass dieses Ziel verpflichtend bis 2030 erfüllt wird. Darüber hinaus soll diese Reduktion auch für alle anderen Treibhausgasemissionen verpflichtend festgeschrieben werden. Auch neu: Eine Erhöhung der Warmmiete, die sich aus den Gesetzesfolgen ergibt, soll vom Land übernommen werden. Und: Eine Kompensation, also ein Freikaufen, soll „solange weitere Reduktionen möglich sind“ vermieden werden.

Um eine Verschleppung durch die Regierung wie im Fall des erfolgreichen Volksbegehrens „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ (Zustimmung von 59,1% der gültigen abgegebenen Stimmen, aber rechtlich nicht bindend) zu vermeiden, kommt direkt eine Gesetzesänderung zur Abstimmung. Voraussetzung dafür: 175000 benötigte Unterstützer:innen unterschreiben bis zum 14. November 2022. Die dann an der Wahlurne abgestimmten Änderungen wären im Fall einer Mehrheit gültiges Gesetz.

 

Car Parking, Pexels, cc0

Es darf mit Recht bezweifelt werden, dass alleine eine Gesetzesänderung, die es zur Pflicht macht, das notwendige Ziel innerhalb von weniger als 10 Jahren zu erreichen, schon das Erreichen als solches sicherstellt. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte lassen wenig Raum für Hoffnung. Und prinzipiell: Profit- und Wachstumszwang stehen einem raschen Wandel ebenso entgegen wie die Zersplitterung der eigentlich zum Handeln verpflichteten Institutionen in Politik und Privatwirtschaft. Letztere wird dabei von dem Gesetz noch nicht einmal adressiert. Dazu kommt die Gefahr der Arbeitslosigkeit für einige Menschen, die im Kapitalismus jeden Strukturwandel begleitet – also eine mögliche Bruchstelle für einen gemeinsamen Kampf.

Trotzdem lohnt es sich den Anspruch in die Politik zu tragen, das 1,5 Grad Ziel ernsthaft einzuhalten. Und dazu ist das Jahr 2030 deutlich realistischer als 2045, wenn man bedenkt, dass es einige Jahre dauern kann, bis substantielle Maßnahmen wirken. Diese müssen dann nämlich umso schneller wirken. Demonstrationen und Appelle an die Politik hatten bisher wenig Erfolg: Die politischen Ansprüche blieben immer hinter dem Notwendigen zurück. Deshalb soll dieser Kommentar mit einem Aufruf an alle, die in Berlin leben und/ oder gemeldet sind, enden:

Unterschreibt! Unterstützt das Volksbegehren! Teilt Informationen! Sammelt Unterschriften! Und natürlich dem Appell an alle anderen: Unterstützt eure lokalen Klimaentscheide! Falls es noch keine gibt, setzt euch dafür ein, diese zu organisieren! Aber messt auch die Maßnahmen und Ergebnisse an diesen Verpflichtungen, zeigt auf, wo die Widersprüche sind, lasst nicht zu, dass Klimaschutz und soziale Rechte im Namen dieser kapitalistischen Wirtschaftsordnung gegeneinander ausgespielt werden: kapital-kann-kein-klima.de.