IPCC-Bericht beweist, dass unsere Herrschenden versagt haben: Es ist Zeit für einen radikalen Wandel
von Martin Empson, 13. August 2021
Die Veröffentlichung des neuesten Berichts des Weltklimarats erfolgte vor dem Hintergund einer bemerkenswerten Konstellation von Ereignissen. Der Bericht wurde veröffentlicht, als Teile der Welt buchstäblich in Flammen standen. Waldbrände in der Türkei und in Griechenland erzwangen die Evakuierung von Tausenden von Menschen, wobei Dutzende von Telefonvideos Bilder des apokalyptischen Dramas einfingen und in alle Welt verbreiteten. Die Brände schafften es in die westlichen Nachrichten, weil sie sich in touristischen Hotspots ereigneten. Die Katastrophe wurde durch die neoliberale marktfreundliche Politik der Europäischen Union verschlimmert, die im Namen der Sparpolitik bei den Feuerwehren kürzte.
Zur gleichen Zeit, und eine halbe Welt entfernt, zerstörten Brände in Nordamerika ganze Städte. Das US-amerikanische „National Interagency Fire Center“ (NIFC) berichtete am 8. August, dass 39.267 Waldbrände im ganzen Land über 1,4 Millionen Hektar Wald zerstört hatten. Das Ausmaß der Zerstörung übertrifft unsere Vorstellungskraft. Das NIFC stellte fest, dass sich die Vereinigten Staaten und Kanada in der Vergangenheit die Ressourcen zur Brandbekämpfung immer geteilt hatten. Das habe sich jedoch in diesem Jahr als unmöglich erwiesen, da beide Länder jeweils zu viele Brände zu bekämpfen hatten. Sowohl Mexiko als auch Australien stellten Kanada Feuerbekämpfungspersonal mit den erforderlichen Gerätschaften zur Verfügung. In Sibirien, einer Gegend, die wir eher mit Kälte und Isolation assoziieren ist, verzehrten Brände anderthalb Millionen Hektar. Ein Dorfbewohner sagte der englischen Zeitung „The Guardian“: „Alles brennt!“ Wenn die Brände endlich erlöschen, wird der schmutzige Rauch wahrscheinlich Zehntausende mit geschädigten Lungen zurücklassen, dazu viele tausende zerstörter Häuser und vernichteter Arbeitsplätze sowie eine riesige Zerstörung von landwirtschaftlichen Anbauflächen.
Während die Welt brennt, sieht sie sich gleichzeitig von Überschwemmungen, Wirbelstürmen und anderen Katastrophen heimgesucht, die durch eine sich erwärmende Welt verschlimmert werden. Seit Jahrzehnten warnen Wissenschaftler, dass der Klimawandel diese sogenannten „Naturkatastrophen“ sowohl häufiger als auch intensiver machen wird. Das, was wir aktuell erleben, zeigt, dass diese Warnungen keine leeren Worte waren. Wir müssen nicht mehr bis zu den Abendnachrichten warten, um die Apokalypse zu sehen –Tiktok Teenager-Reporter berichten darüber live aus dem Katastrophengebiet.
Im Jahr 2006 veröffentlichte der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore einen Film über den Klimawandel mit dem Titel „Eine unbequeme Wahrheit“. Wenn man heute den Film ansieht, wirkt das Ganze gar nicht mehr weit her geholt. Vor 15 Jahren brachte Gores viel gerühmte PowerPoint-Präsentation die globale Erwärmung einem großen Publikum näher. An einer Stelle erklärt er, wie eine sich erwärmende Welt Erdsysteme zerstören wird, die bisher dafür sorgen, dass Teile der Welt bewohnbar bleiben. Irgendwann am Ende der letzten Eiszeit ergossen sich, so Gore aus dem OFF, aus einem schmelzenden Gletscher in Nordamerika plötzlich große Mengen Süßwassers in den Atlantischen Ozean. Damit wurden die massiven Warmwasserströme im Ozean blockiert und Europa in eine tausendjährige Eiszeit gestürzt. Mit so viel Dramatik, wie sie nur Gore aufbringen kann, wies er auf Grönland als einen ähnlichen Speicher von Süßwasser hin. Das war ein rhetorischer Moment, der mir wieder einfiel, als mitten in der Feuersaison die Nachricht bekannt wurde, dass ein Wissenschaftler in „Nature Climate Change“ Frühwarnzeichen für den Zusammenbruch der „Atlantic Meridional Overturning Circulation“( AMOC) identifiziert hatte. Wenn das passiert, haben wir viel mehr zu befürchten als nur einen langen Winter. Eine Blockade der Warmwasserströme wird zu weiteren beschleunigten Veränderungen führen, die „das Risiko einer Kaskade weiterer Übergänge in anderen wichtigen multistabilen Komponenten des Erdsystems wie dem antarktischen Eisschild, tropischen Monsunsystemen und dem Amazonas-Regenwald erhöhen“.
Der IPCC-Bericht fällt mitten in Diskussionen über Brände, Überschwemmungen, veränderte Ozeanströmungen und klimatische Kipppunkte. Plötzlich reden alle von „Code Red“. Der IPCC-Bericht selbst ist gewichtig- im wahrsten Sinne des Wortes. Vertrauen Sie niemandem, der behauptet, seine 3.949 Seiten gelesen zu haben. Die Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger umfasst 42 Seiten und ist viel zugänglicher. Es lohnt sich, zusammenzufassen, was das IPCC sagt. Als erstes machen die Autoren klar, dass „menschliche Aktivitäten“ mit ziemlicher Sicherheit für die gesamte globale Erwärmung verantwortlich sind. Sozialist*innen werden zu Recht bestreiten, dass nicht alle Menschen gleichermaßen dafür verantwortlich sind. Sie sagen, dass dafür ein bestimmtes Wirtschaftssystem verantwortlich ist, das als Teil eines auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Produktionssystems fossile Brennstoffe verbrennt. Die Autoren des IPCC-Berichts machen diese Unterscheidung nicht, aber die Schlussfolgerungen sprechen für sich: „2019 waren die atmosphärischen CO2 -Konzentrationen höher als je zuvor in mindestens 2 Millionen Jahren und die Konzentrationen von Methan und Lachgas waren höher als je zuvor in mindestens 800.000 Jahren. Seit 1750 verzeichnen wir bei CO2 Zunahmen von 47%, bei Methan sogar 156%. Die Zunahmen bei Lachgas (23%) sind ähnlich wie die natürlichen mehrtausendjährigen Veränderungen zwischen Eis- und Zwischeneiszeiten über mindestens den letzten 800.000 Jahren.“
Anders als die pseudowissenschaftlichen Fake News der Klimaleugner verstehen Klimawissenschaftler, dass es schwierig ist, genaue Vorhersagen zu treffen, und ordnen ihren Aussagen daher bestimmte Wahrscheinlichkeitswerte zu. Die Autoren des IPCC sind aber davon überzeugt, dass sie eine äußerst gefährliche Zukunft beschreiben.
Der globale Kapitalismus hat seine Wurzeln im 17. Jahrhundert, aber die Einführung fossiler Brennstoffe ist mit der industriellen Revolution verbunden, die Mitte des 18. Jahrhunderts begann. Der Kapitalismus begann unser Klima zu verändern, sobald die ersten Baumwollspinnereien und Fabriken anfingen, Kohle zu verbrennen, um ihre Motoren anzutreiben. Während das System die ganze Welt nach seinen eigenen Gusto umformte, beschleunigte der Kapitalismus sein Werk der Umweltzerstörung. Seit dem Tag, an dem James Watt die Dampfmaschine perfektionierte, hat es mehr als eine lineare Zunahme der Verschlechterung der Umwelt gegeben. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer qualitativen Zunahme der Störungen der Umweltsysteme.
In seinem Buch „Facing the Anthropocene“ zitiert Ian Angus den radikalen amerikanischen Wissenschaftler und ökologischen Denker Barry Commoner, der sagte, dass „nach dem Zweiten Weltkrieg im Land etwas schief gelaufen ist, denn die meisten unserer ernsthaften Umweltverschmutzungsprobleme begannen entweder in den Nachkriegsjahren oder haben sich seitdem stark verschlechtert.“ Angus erklärt den Grund dafür: „Anfang 1950 gab es vier Haupttreiber des langen Booms: eine starke industrielle Basis in den USA…. ein großes und wachsendes Militärbudget; eine disziplinierte und finanziell abgesicherte Arbeiterschaft … und eine scheinbar unendliche Versorgung mit billiger Energie.“
Fast alle Umweltindikatoren, die man sich vorstellen kann – Kohlendioxidemissionen, Abholzungsraten, Dünger- und Wasserverbrauch – schießen ab den 1950er Jahren durch die Decke. Angus weist auf die wirtschaftliche Grundlage dieser Beschleunigung nach dem Zweiten Weltkrieg hin. In den späten 1970er Jahren wurde der Prozess durch den Siegeszug neoliberaler Politik verschlimmert. Diese Politik beinhaltete den systematischen Abbau von Umweltgesetzen, förderte den freien Handel und subventionierte weiterhin die Nutzung fossiler Brennstoffe. Reagans berüchtigtes Zitat „Wenn du einen Mammutbaum gesehen hast, hast du sie alle gesehen“ mag eine Umschreibung sein, aber es verkörpert die Haltung der Neoliberalen zur Natur.
Die heutigen rechten Regierungen gehen in die gleiche Richtung. Unmittelbar nach der Wahl von Jair Bolsonaro zum brasilianischen Präsidenten öffnete er den Amazonas für die Holzfirmen und die Großagrarier, die seine Kampagne finanziert hatten. Noch gefährlicher ist, dass der neoliberale Ansatz für die internationalen Organisationen von zentraler Bedeutung ist, die sich mit dem Klimawandel befassen sollen.
Der IPCC-Bericht beschäftigt sich nicht mit dem wirtschaftlichen Hintergrund der von ihm beschriebenen Krise. Aber er vermittelt ein Gefühl einer sich vertiefenden Krise. „Die globale Oberflächentemperatur wird unter allen betrachteten Emissionsszenarien mindestens bis zur Mitte des Jahrhunderts weiter ansteigen“, so der IPCC. Sie fahren fort: „Die globale Erwärmung von 1,5 °C und 2 °C wird im 21. Jahrhundert weiter anwachsen, wenn es in den kommenden Jahrzehnten nicht zu starken Reduzierungen beim Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen kommt.“
Diese Temperaturen sind in gewisser Weise willkürlich. Erdsysteme operieren nicht mit absoluten Zahlen, aber die Zahlen ermöglichen es Wissenschaftler*innen, Vorhersagen zu treffen. Laut einer NASA-Zusammenfassung aus dem Jahr 2019 würde die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad statt auf 2 Grad bedeuten, dass die Zahl der Menschen, die „häufig“ von „extremen Hitzewellen“ betroffen sind, um 420 Millionen sinken würde. Kleine Unterschiede werden für Millionen Menschen über Leben und Tod entscheiden. Der IPCC aktualisiert seinen Bericht, um zu sagen, dass in fast allen Szenarien „die zentrale Schätzung für die Überschreitung des globalen Erwärmungsniveaus von 1,5 ° C in den frühen 2030er Jahren liegt“. Sie stellen fest, dass dies zehn Jahre früher ist als die Vorhersage in ihrem Bericht von 2018. Die schockierte Reaktion der Welt auf den Bericht rührt nicht von diesen Zahlen her. Aber die Klimakrise begleitet uns schon seit einiger Zeit. Millionen haben in den letzten Jahrzehnten bereits Umweltkatastrophen erlebt, insbesondere im Globalen Süden. Die Vereinten Nationen schätzen heute offiziell die Zahl der Klimaflüchtlinge auf rund 20 Millionen. Der Unterschied besteht darin, dass die Katastrophen jetzt ein Ausmaß haben, dass sich damit nicht mehr nur die einfachen Redakteure, sondern die Chefredaktionen beschäftigen.
Das Ausmaß der Krise, die Warnungen von Wissenschaftlern und wachsende Umweltschutzbewegungen, haben die Politiker zumindest zu einem Lippenbekenntnis zum Klima genötigt. Sechs Monate vor Beginn der COP26-Gespräche in Glasgow sagte Boris Johnson: „Wir müssen in unserem Ehrgeiz und unserer Entschlossenheit unermüdlich sein“, um „den Übergang zu Null CO2-Emissionen zu unterstützen, eine grüne industrielle Revolution anzustoßen und Volkswirtschaften aufzubauen, die allem standhalten, mit was uns der Klimawandel konfrontiert.
Die COP26 wird wahrscheinlich viel Rhetorik, aber wenig konkrete Politik zur Folge haben. COP-Gespräche finden jährlich statt. Allerdings gibt es immer wieder bestimmte, große, wichtige Konferenzen. Kopenhagen 2009 und Paris 2015 sollten den Beginn von transformativen Maßnahmen einleiten. Beides waren Fehlschläge. Die Rede von einer „letzten Chance“ in Glasgow ist hohl, eine ähnliche Rhetorik wurde schon häufig in der Vergangenheit bemüht.
Die Politiker haben ein Problem. Sinnvolles Handeln gegen den Klimawandel bedeutet, sich den Kräften des Kapitals entgegenzustellen. Wenn fossile Brennstoffe jeden Teil der Wirtschaft durchdringen, wird die Reduzierung ihres Verbrauchs – geschweige denn die vollständige Abkehr von CO2 – ein Schlag gegen die kapitalistischen Profite sein. Der Kapitalismus braucht Arbeiter*innen, um Mehrwert zu schaffen, aber diese Arbeiter*innen betreiben Maschinen, pendeln zur Arbeit, heizen Fabriken und Häuser und versorgen Krankenhäuser und Callcenter mit fossilen Brennstoffen. Es ist durchaus möglich, fossile Brennstoffe durch etwas anderes zu ersetzen, aber das wurde nie ernsthaft versucht. BP, Shell oder Texaco herauszufordern, ist eine Konfrontation mit dem System selbst.
Aus diesem Grund forderte das Weiße Haus zwei Tage nach der Veröffentlichung des IPCC-Berichts die ölproduzierenden Nationen auf, mehr Öl zu produzieren – um die Preise niedrig zu halten. Diejenigen, die darüber von Joe Biden enttäuscht sind, sollten daran denken, dass es ein anderer „liberaler“ US-Präsident, Obama, war, der die Verhandlungen auf der COP15 in Kopenhagen aus den gleichen Gründen zum Scheitern brachte.
Der zentrale Widerspruch, mit dem unsere Machthabenden konfrontiert sind – die Notwendigkeit, auf den Klimawandel zu reagieren und gleichzeitig die Kapitalakkumulation nicht zu behindern – ist die Ursache dafür, warum sie ständig durch das Erfinden neuer Scheinalternativen von den wirklich anstehenden Aufgaben abzulenken versuchen. Hier ist zum Teil der Grund für die „Netto-Null“-Rhetorik zu finden. Dieser Trick der Umweltbilanzierung basiert auf der Idee, dass Emissionen so lange bestehen bleiben können, wie sie an anderer Stelle ausgeglichen werden. Diese CO2 Emissionsmärkte mögen in den Computermodellen bürgerlicher Ökonomen funktionieren. Aber wenn dann eben jene Wälder, die zum Ausgleich der Emissionen von Unternehmen wie BP gepflanzt wurden, brennen, haben wir allen Grund, zynisch zu werden.
Die andere Lösung, auf die die Kapitalisten immer verweisen, ist die Technologie. Innovation und freier Markt – das ist ihre Antwort. Dies ist der Grund dafür, weshalb Biden von Elektroautos begeistert ist. Und da ist natürlich noch die Notwendigkeit, die US-Autohersteller bei Laune zu halten. Auch hier straft die Realität des realen Kapitalismus dessen apologetische Rhetorik Lügen. Technologische Lösungen existieren bereits. Sie werden aber nicht umgesetzt, weil sie die bestehende kapitalistische Infrastruktur untergraben. Wir haben seit mindestens zwei Jahrzehnten eine Technologie für erneuerbare Energien, die den Energiebedarf der Welt decken kann, aber sie wurde nicht implementiert, weil dies die Öl- und Kohlemanager verärgert hätte. Die technologischen Lösungen, die die Kapitalisten mögen, sind solche, die es dem System ermöglichen, so zu funktionieren, wie es ist- gekoppelt mit dem Versprechen eines allmählichen Übergang hin zu etwas Nachhaltigem irgendwann in ferner Zukunft.
Es ist dringend erforderlich, dass die Linke und die Arbeiter*innenbewegung ihre eigene Agenda vorlegen. Sozialist*innen in der Umweltbewegung entwickeln seit vielen Jahren Alternativen, die zeigen, wie wir Emissionen reduzieren und gleichzeitig Arbeitsplätze in einer nachhaltigen Wirtschaft schaffen können. In vielen Gewerkschaften ist der Bericht der Kampagne gegen den Klimawandel über eine Million Klimajobs zu einem Bezugspunkt geworden. Die Gewinnung von Klimajobs erfordert jedoch die Aktivität der arbeitenden Bevölkerung und ihrer Gewerkschaften. Das Programm der „Eine Million Klimajobs“ war kein Programm, das von einer wohlmeinenden Regierung vorgelegt wurde. Wenn es Klimajobs geben soll, dann nur, wenn sie erkämpft werden. Für diese Veränderungen zu kämpfen Beinhaltet zwangsläufig die offene Konfrontation mit dem fossilen Kapitalismus. Der Kapitalismus kann niemals ein nachhaltiges System sein. Die Logik des Wettbewerbs bedeutet, dass das System ständig erweitert werden muss. Kapitalismus bedeutet, ein System, das auf unendlichem Wachstum basiert, in eine Welt mit endlichen ökologischen Grenzen einzupassen. Das ist es, was die ökologische Krise antreibt. Sie zu vermeiden bedeutet, die irrationale, nicht nachhaltige, ungeplante Produktion zu beenden, die dieses kapitalistische System kennzeichnet. Wenn es um die Umwelt geht, zitieren Sozialist*innen gerne den berühmten Satz der großen polnischen Revolutionärin Rosa Luxemburg: „Sozialismus oder Barbarei“. Dies Aussage ist zutreffend, weil sie deutlich macht, vor welcher grundlegenden Entscheidung dir Menschheit steht.
Es gibt zwei Visionen des Sozialismus. Die eine, die reformistische Variante, ist im Wesentlichen das Ziel eines grüneren, etwas gerechteren Kapitalismus. Aber wir haben gesehen, dass das nicht möglich ist. Die andere Vision, für die Rosa Luxemburg gekämpft und gestorben ist, ist eine ganz andere. Sie geht von der Idee aus, dass die Produktion ganz anders organisiert werden muss. Anstelle einer ungeplanten, irrationalen Wirtschaft brauchen wir eine Wirtschaft, in der die einfachen Leute an der demokratischen Produktionsplanung beteiligt sind. Dieser „Sozialismus von unten“ würde eine Produktion nicht zum Zwecke des Profits, sondern im Interesse aller im weiteren Kontext der planetaren Grenzen bedeuten.
Rosa Luxemburg stellte 1915 ihre Alternativen zur Wahl, als sich europäische Armeen in den Schützengräben gegenseitig abschlachten. Der Krieg wurde durch die russische und deutsche Revolution beendet. Während Luxemburg ihre Kritik an der Russischen Revolution äußerte, verstand sie, dass es eine Massenrevolte war, bei der Arbeiter*innen und Bauern ihre eigenen Organisationen – Sowjets – gegründet hatten, die mit der Errichtung einer neuen Wirtschaftsorganisation beginnen konnten. Luxemburg verstand, dass die russische Revolution ohne Ausbreitung der Revolution auf internationaler Ebene isoliert sein und besiegt werden würde. Sie forderte die Arbeiter*innen auf, den Handlungen ihrer russischen Schwestern und Brüder nachzueifern. Heute, da der Kapitalismus die Welt in Richtung Klimabarbarei drängt, sollten wir uns an Luxemburgs Parole „Sozialismus oder Barbarei“ erinnern. Gleichzeitig sollten wir nicht vergessen, dass sie auch schrieb, Lenin und die bolschewistische Partei hätten „die Begleichung der Rechnung zwischen Kapital und Arbeit in der ganzen Welt mächtig vorangebracht“. Sie schloss: „Die Zukunft gehört überall dem ‚Bolschewismus‘.“
Martin Empson ist Herausgeber des Buches „System Change Not Climate Change: A Revolutionary Response to Environmental Crisis“ (Bookmarks, 2019). Dieser Artikel wurde der Webseite „Climate and Capitalism“ entnommen
(https://climateandcapitalism.com/2021/08/13/code-red-can-we-prevent-climate-catastrophe/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=code-red-can-we-prevent-climate-catastrophe)
Übersetzung : Paul Michel „Netzwerk Ökosozialismus“ (Kontakt: info@netzwerk-ökosozialismus.de)
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