Deutsche Bahn:

Lebensgefährliche Tricksereien bei der Sicherheit

Autor: Paul Michel

Seltsamer weise spielt in der aktuellen Diskussion über die Missstände bei der Bahn das Thema Sicherheit keine Rolle.  Dabei zeigt ein gerade erschienener Untersuchungsbericht wie schlimm es um dieses Thema bei der Bahn bestellt ist. Laut Untersuchungsbericht verschwieg die Bahn im Bereich Südbayern jahrelang massive Sicherheitsmängel.
Eisenbahn im Münchener Hauptbahnhof, Photo: K. Meier 2024

Die „Süddeutsche Zeitung“  berichtete: Wenn Anlagenverantwortliche für die Trassenwege  offenkundiger Mängel auf der Strecke die Einrichtung einer Langsamfahrstelle verfügen wollten, wurden sie von ihren Vorgesetzten massiv unter Druck gesetzt und dazu gedrängt ihre Eingabe zurückzunehmen.  Das unverantwortliche Verhalten der Vorgesetzten ist dem Bezahlungssystem der Bahn geschuldet. Führungskräfte der Bahn werden daran gemessen, wie pünktlich die Züge sind.  Deshalb hätten die Vorgesetzten  die Anlagenverantwortlichen dazu genötigt, den Pünktlichkeitszielen den Vorrang vor der Sicherheit für die Fahrgäste zu geben.

Tatsächlich war es am 3. Juni  2022 im fraglichen Bereich, bei Garmisch-Partenkirchen, zu einem schweren Unfall  gekommen. Damals war ein Regionalzug auf dem Weg nach München mit einem Tempo von 100 km pro Stunde wegen gebrochener Betonschwellen entgleist. Fünf Fahrgäste kamen ums Leben, 16 Menschen wurden schwer und 62 leicht verletzt.

Richtig kriminell wird es bei Stuttgart 21. Durch die bisher rund 60 km Tunnel will die Bahn jährlich viele Millionen Fahrgäste befördern. Christoph Engelhard von den Ingenieuren gegen Stuttgart 21 stellt zu den Sicherheitsstandards der Stuttgart21 Tunnel fest: „In Summe sind die Stuttgart 21 Tunnel die gefährlichsten Tunnel weltweit. Wir haben enge Rettungswege, wir haben weite Abstände zu den Notausgängen und natürlich sehr viele Menschen  die mit den Zügen fahren. In Summe haben die Menschen eine sehr geringe Überlebenschance, wenn es zu einem Brand in dem Tunnel kommt.

Seit Langem haben Kritiker den Brandschutz bei Stuttgart 21 bemängelt. Jahrelang täuschte der Konzern die Öffentlichkeit und die Behörden – die das Spiel mitmachten, indem sie nie genauer nachfragten. Die Bahn behauptete immer wieder, sie habe bei ihren Simulationen eines möglichen Unfalls alle möglichen Fälle durchgespielt. Gleichzeitig weigerte sie sich aber, das Ergebnis dieser Simulationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Im März 2021 musste die Bahn dann einräumen,  dass sie bei ihrer Simulierung lediglich von einem „Kaltereignis“ ausgegangen war, bei dem  ein Zug im Tunnel zum Stehen kommt. Das heißt: Die Bahn hat bei ihrer Simulierung Feuer und Rauch in den Tunnels nicht berücksichtigt, obwohl  heutzutage Brandsimulationen zum Stand der Technik gehören, wie eine von Report Mainz befragte Brandschutzexpertin feststellte.  Hans-Joachim Keim, ein international renommierter Brandschutzexperte, der die Tunnelkatastrophe von Kaprun analysiert hat, bei der 155 Menschen ums Leben kamen, sagte dazu gegenüber dem STERN: „Es ist eine Katastrophe mit Ansage. Im Unglücksfall haben Sie die Wahl: Will ich ersticken? Oder zerquetscht werden? Oder verbrennen?“